In kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) spielt die Büroorganisation eine entscheidende Rolle für den Geschäftserfolg. Effiziente Prozesse können nicht nur die Produktivität steigern, sondern auch die Zufriedenheit der Mitarbeiter und Kunden erhöhen. In diesem Artikel beleuchte ich die wesentlichen Aspekte des Prozessmanagements, Changemanagements und der kontinuierlichen Verbesserung, die speziell auf die Bedürfnisse von KMU zugeschnitten sind. Dabei gehe ich auf wichtige Methoden zur Prozessaufnahme, Dokumentation und Analyse ein, stellen bewährte Modelle des Changemanagements vor und erklären, wie die Customer Journey und Key Performance Indicators (KPIs) zur Optimierung beitragen können. Erfahren Sie, wie Sie durch gezieltes Prozessmanagement und kontinuierliche Verbesserung Ihr Büro effizienter und effektiver gestalten können.
Bei meinen Kunden beobachte ich häufig, dass Arbeitsweisen bereits seit vielen Jahren bestehen. Solange das gut läuft und auch bei aller Veränderung, die von außen kommt (Marktveränderungen, höhere Erwartungen durch die Kunden, Fachkräftemangel oder auch technische Neuerungen), ist das auch o.k. Leider wird aber viel zu lange an alten Verhaltensweise festgehalten und sich nicht an neue Entwicklungen angepasst. Dabei wäre es besser, auch einmal neue Wege auszuprobieren und Sätze, wie “Das war schon immer so” oder “Das war noch nie so” zu hinterfragen.
Ich selbst hinterfrage meine Arbeitsweise auch regelmäßig. Immer, wenn ich merke, dass mir eine Tätigkeit schwer fällt, umständlich ist, mir viel Mühe macht, oder ich einfach keine Lust dazu habe, dann frage ich mich “Geht das nicht auch einfacher?”. Dann investiere ich lieber etwas Zeit, um einen besseren Weg zu finden, denn das zahlt sich am Ende für mich aus.
Bevor ich Ihnen nun verschiedene Methoden rund um das Thema “Optimale Büroprozesse” vorstelle möchte ich Sie auf einen anderen Blog-Artikel hinweisen, wo ich den Unterschied zwischen Effektivität und Effizienz erkläre: Werden Sie zum exzellenten Office-Worker
Prozessmanagement in KMU
In einer Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers wurde untersucht, wie weit verschiedene Unternehmen das Geschäftsprozessmanagement bereits etabliert haben. Festgestellt wurde, dass derzeit gerade erst einmal die systematische Dokumentation von Geschäftsprozessen erfolgt, was einen wesentlichen ersten Schritt darstellt, aber noch lange nicht das Ziel ist. Eine konsequente Messung der Prozessleistung anhand definierter Kennzahlen, die die Basis für die kontinuierliche Verbesserung von Geschäftsprozessen liefern können, wird nur von ganz wenigen Unternehmen durchgeführt. Dies trifft insbesondere auf kleine und mittelständische Unternehmen zu, da diese mehr auf das Tagesgeschäft fokussiert sind. Dennoch ist es auch für KMUs wichtig, sind mit diesem Thema auseinander zu setzen. Mehr dazu in diesem Artikel: Ist ein Prozessmanagement in Ihrem Unternehmen etabliert?
Zum Einstieg in das Thema sollten Sie klären, welche Ziele mit der Prozessdokumentation verfolgt werden und in welchem Detaillierungsgrad die Dokumentation erfolgen soll. Werden Sie sich auch über Ihre Prozess-Ziele klar. Mehr dazu hier: Einstieg ins Prozessmanagement
Methoden zur Prozessaufnahme
Am Anfang steht die Frage, welche Prozesse dokumentiert werden sollen. Wenn Sie sich intensiver damit beschäftigen, werden Sie feststellen, dass es womöglich mehr als 1000 Prozesse in Ihrem Unternehmen gibt. Einen guten Überblick und die erste Strukturierung der Prozesse bietet eine Prozesslandschaft. Hier wird zwischen Management-, Kern- und Unterstützungsprozesse unterschieden.
Ein anderer Ansatz ist die salutogene Geschäftsprozessanalyse, mit der darauf geschaut wird, welche Arbeitsgestaltung motivations- und gesundheitsförderlich ist.
Gängige Methoden der Prozessaufnahme sind:
- Interviews: Die Mitarbeiter, die am Prozess beteiligt sind werden befragt. Dies kann einzeln oder in Gruppen erfolgen. Verständnis-Fragen können sofort geklärt werden, allerdings ist diese Methode ziemlich zeitaufwändig und es kann passieren, dass die Kollegen Arbeitsschritte nicht nennen (siehe auch FAQ zum Prozessmanagement)
- Workshops: Die am Prozess beteiligten Mitarbeiter dokumentieren gemeinsam den Prozess. So können verschiedene Sichtweisen zusammengebracht werden. Auch diese Methode ist zeitaufwändig.
- Beobachtung: Hierbei werden die Mitarbeiter bei ihrer Arbeit beobachtet. Diese Methode wurde früher in Produktionsprozessen angewandt, allerdings werden die Prozesse verfälscht, da sich die Mitarbeiter unter Beobachtung anders verhalten.
- Selbstaufschreibung: Die Prozessbeteiligten dokumentieren ihre Tätigkeiten selbständig. Dies wird z.B. mit Hilfe von Laufzetteln durchgeführt. Dabei wird der Zettel mit einer einfachen Tabelle (wer, was, Dauer) an den Papier-Vorgang angeheftet. Jeder Mitarbeiter, der mit diesem Vorgang beschäftigt ist, notiert auf dem Laufzettel seine Arbeitsschritte. So kann auch ermittelt werden, wie viel Zeit ein Prozess in Anspruch nimmt. Diese Methode kann allerdings bei digitalen Prozessen nicht angewendet werden.
- Datenanalyse: Viele ERP-Systeme bieten die Möglichkeit, Prozesse auszuwerten. Hierfür müssen die technischen Möglichkeiten geprüft werden. Dabei sollten Sie nicht vergessen, den Betriebsrat einzubinden, da man mit den Daten einzelne Mitarbeiter miteinander vergleichen kann.
Jede Methode hat ihre Stärken und Schwächen, und oft ist es sinnvoll, mehrere Methoden zu kombinieren, um ein umfassendes Bild der Prozesse zu erhalten. Die Wahl der Methode hängt von den spezifischen Zielen der Prozessaufnahme, den verfügbaren Ressourcen und den Besonderheiten des Prozesses ab.
Dokumentation von Prozessen
Bei der Beschreibung von Prozessen wird zu jedem Schritt dokumentiert, wer was macht. Dabei unterscheidet man zwischen der prädikats- und der subjektorientierten Methode. Was sich genauer dahinter verbirgt erfahren Sie hier (klick) und ein anschauliches Beispiel gibt es auch.
Wie sollten Sie die Prozesse beschreiben? Bitte nicht mit Fließtext. Erfahrungsgemäß hat niemand Zeit, das alles durchzulesen und es fällt auch schwer, die entscheidenden Punkte schnell zu finden. Es gibt standardisierte Symbole, die man für die Beschreibung von Arbeitsabläufen benutzen kann. Dies ist wesentlich übersichtlicher. Es haben sich verschiedene Standards herausgebildet. Die am weitesten verbreitete Methode stelle ich Ihnen in diesem Artikel vor: BPMN
Es gibt in Ihrem Unternehmen für einzelne Prozesse bereits Beschreibungen als Fließtext? Dann kann es sehr zeitaufwändig sein, die einzelnen Schritte kürzer zu beschreiben. Mein Tipp: lassen Sie sich von der KI, wie z.B. ChatGPT dabei helfen.
Analyse und Verbesserung von Prozessen
Warum müssen Prozesse eigentlich kontinuierlich verbessert werden? Was würde passieren, wenn Sie alles so belassen, wie es ist? Die Antwort darauf finden Sie in diesem Blog-Artikel: Warum Prozesse verbessert werden müssen
Um zu erkennen, wo es Verbesserungsbedarf gibt, sollten Sie Kennzahlen erarbeiten und überwachen (siehe weiter unten KPI), um die Prozesskosten, Prozesszeiten und die Qualität im Blick zu behalten.
Grundsätzlich gibt es 5 Möglichkeiten, Prozesse neu zu gestalten:
- Einen Prozessschritt weglassen
- Zwei Prozessschritte zusammenlegen
- Zwei Prozessschritte parallelisieren
- Prozessschritte auslagern
- Einen Prozessschritt ergänzen
Der letzte Punkt wäre dann wichtig, wenn sich z.B. herausgestellt hat, dass es zu Qualitätsproblemen kommt und Sie einen zusätzlichen Kontrollschritt einfügen möchten, um die Fehlerhäufigkeit und die damit verbundenen Folgekoste zu minimieren.
Changemanagement für eine erfolgreiche Transformation
Veränderungen in Unternehmen sind unvermeidlich und oft notwendig, um wettbewerbsfähig zu bleiben und auf sich ändernde Marktbedingungen zu reagieren. Der Prozess des Change-Managements kann jedoch emotional herausfordernd sein. Welche 7 Phasen dabei von den Mitarbeitern durchlaufen werden und Tipps für Führungskräfte finden Sie hier: Emotionale Reaktionen im Changemanagement-Prozess
Damit die Veränderung in Unternehmen gut gelingt, sollten verschiedene Phasen bewusst vollzogen werden. Dazu gibt es verschiedene Modelle:
- Das 3-Phasen-Modell von Lewin: Dies ist ein grundlegendes Modell für den Veränderungsprozess in Organisationen und wird häufig in der Organisationsentwicklung und im Change-Management verwendet. Allerdings hat die Erfahrung gezeigt, dass die Aufteilung in 3 Phasen den Prozess nicht detailliert genug beschreibt.
- Das 8-Stufen-Modell von Kotter: Das 8-Stufen-Modell von John P. Kotter beschreibt einen strukturierten Ansatz für Change-Management-Prozesse in Organisationen und ist eine Weiterentwicklung des 3-Phasen-Modells von Lewin. Hier hat sich allerdings herausgestellt, dass es nicht ganz einfach ist, festzustellen, wann welche Stufe erreicht wird.
- Das 5-Phasen-Modell von Krüger: Dieses Modell verspricht mehr Flexibilität und wird daher sehr häufig angewandt.
Unabhängig davon, welches Modell Sie in Ihrem Unternehmen anwenden möchten, sollte klar sein, dass ein Veränderungsprozess nicht einfach von alleine funktioniert, sondern von den Führungskräften begleitet werden sollte und die Mitarbeiter gut eingebunden werden.
Kontinuierliche Verbesserung im Büro
Einführung
Kennen Sie auch den Spruch: „Wer sich nicht ändert, wird verändert.“?
Ein Unternehmen muss sich immer wieder den Marktgegebenheiten anpassen. Es müssen immer wieder neue Produkte entwickelt, neue Märkte und Kunden erschlossen, Trends beobachtet und der Wettbewerb analysiert werden. Wenn dies nicht passiert, dann verliert man immer mehr Kunden, verkauft immer weniger Produkte und muss immer wieder Mitarbeiter entlassen.
Für Sie selbst, aber auch für Ihr Unternehmen ist daher sehr wichtig, dass Sie immer besser werden – und zwar täglich!
Welche Frage Sie sich jeden Morgen stellen sollten, finden Sie in diesem Blog-Artikel: Täglich etwas besser werden
Methoden
- KAIZEN: Prozess-, Kunden-, Qualitäts-, Kritikorientierung und Standardisierung sind die 5 zentralen Grundlagen von KAIZEN und können auch auf Büroarbeitsplätze übertragen werden.
- KVP: Ein erfolgreiches KVP-Programm setzt auf eine schrittweise und stetige Verbesserung, die von allen Mitarbeitern verstanden und mitgetragen wird. Es geht darum, kontinuierlich kleine Anpassungen vorzunehmen, die langfristig zu großen Verbesserungen führen.
- 5S-Methode: Struktur und Ordnung am Arbeitsplatz ist ein weiterer wichtiger Aspekt. Auch diese Methode können Sie im Büro anwenden und Ihren Schreibtisch aufräumen, Ihre Dateiablagestruktur optimieren, oder auch in Ihrem Mail-Postfach in Outlook umsetzen, denn hier ist das Verbesserungspotenzial aus meiner Erfahrung am Größten.
Einbindung der Mitarbeiter
Wie können können Sie Ihre Mitarbeiter für Verbesserungsmaßnahmen begeistern? Natürlich sollten Sie die Betroffenen am Prozess beteiligen. Wenn Sie die einzelnen Methoden von oben anordnen, werden Sie viel Widerstand erleben. Die Mitarbeiter sollten die Möglichkeit haben, Einfluss zu nehmen und Lösungen selbst zu erarbeiten. Aber es gehört auch dazu, dass Sie Ihr Projekt verkaufen. Wie das geht, erkläre ich in diesem Artikel: Mitarbeiter begeistern
Key Performance Indicators (KPIs) für Büroprozesse
Key Performance Indicators (KPIs) für Büroprozesse sind spezifische Metriken, die verwendet werden, um die Effizienz und Effektivität von Verwaltungs- und Backoffice-Tätigkeiten zu messen. Diese KPIs bieten eine quantitative Grundlage, um die Leistung zu überwachen, zu analysieren und kontinuierlich zu verbessern. Hier sind einige wichtige Aspekte und Beispiele von KPIs für Büroprozesse:
Produktivität
- Aufgabenabschlussrate: Anzahl der abgeschlossenen Aufgaben im Verhältnis zu den geplanten Aufgaben in einem bestimmten Zeitraum.
- Durchschnittliche Bearbeitungszeit: Zeit, die benötigt wird, um eine Aufgabe oder einen Prozess von Anfang bis Ende abzuschließen.
Effizienz
- Prozesszykluszeit: Gesamtdauer eines bestimmten Prozesses von Beginn bis zum Abschluss.
- First-Time-Right-Rate: Anteil der Prozesse oder Aufgaben, die ohne Fehler oder Nacharbeit abgeschlossen werden.
Qualität
- Fehlerquote: Anzahl der Fehler pro Anzahl der durchgeführten Prozesse oder Aufgaben.
- Kundenzufriedenheit: Bewertung der Zufriedenheit interner oder externer Kunden mit den erbrachten Leistungen.
Kostenkontrolle
- Kosten pro Transaktion: Durchschnittliche Kosten, die anfallen, um eine einzelne Transaktion oder Aufgabe abzuschließen.
- Budgetabweichung: Differenz zwischen geplanten und tatsächlichen Kosten für Büroprozesse.
Zeitmanagement
- Termintreue: Anteil der Aufgaben oder Projekte, die fristgerecht abgeschlossen werden.
- Durchschnittliche Antwortzeit: Zeit, die benötigt wird, um auf Anfragen oder E-Mails zu reagieren.
Mitarbeiterleistung
- Abwesenheitsrate: Prozentsatz der Arbeitszeit, die durch Abwesenheit (Krankheit, Urlaub usw.) verloren geht.
- Mitarbeiterzufriedenheit: Bewertung der Zufriedenheit der Mitarbeiter mit ihrer Arbeitsumgebung und den Prozessen.
Technologie und Infrastruktur
- Systemverfügbarkeit: Prozentsatz der Zeit, in der IT-Systeme und Software verfügbar und funktionsfähig sind.
- IT-Support-Reaktionszeit: Durchschnittliche Zeit, die benötigt wird, um IT-Probleme zu lösen.
Compliance und Sicherheit
- Anzahl der Compliance-Verstöße: Anzahl der Verstöße gegen regulatorische Anforderungen oder Unternehmensrichtlinien.
- Datensicherheitsvorfälle: Anzahl der Vorfälle, bei denen es zu einem Verstoß gegen die Datensicherheit gekommen ist.
Kundensupport und Service
- Durchschnittliche Bearbeitungszeit für Support-Tickets: Zeit, die benötigt wird, um Support-Anfragen zu bearbeiten und zu lösen.
- Erstlösungsquote: Anteil der Support-Anfragen, die beim ersten Kontakt gelöst werden.
Nachhaltigkeit
- Papierverbrauch: Menge des verwendeten Papiers pro Mitarbeiter oder pro Prozess.
- Energieverbrauch: Energieverbrauch im Büro pro Mitarbeiter oder pro Prozess.
KPIs für Büroprozesse sind unerlässlich, um die Leistung zu überwachen, zu bewerten und zu verbessern. Sie bieten eine quantitative Basis, um den Erfolg von Büroaktivitäten zu messen und sicherzustellen, dass die Geschäftsziele effektiv erreicht werden.
Den Kunden im Fokus behalten
Wie gut kennen Sie Ihre Kunden? Nur wenn Sie Ihre Kunden gut kennen, können Sie passgenaue Produkte entwickeln und Ihre Prozesse auf den Kunden ausrichten. Dafür müssen Sie ihn erstmal besser verstehen und erkennen, welche Kontaktpunkte es gibt und welche Erfahrungen Ihr Kunde dabei mit Ihrem Unternehmen macht.
Eine bekannte Methode dafür ist die Costomer-Journey-Map, bei der Sie einen Tag im Leben Ihres Kunden erleben.
Fazit
Ein professionelles Prozessmanagement ist auch für kleine und mittelständische Unternehmen wichtig, um den Geschäftserfolg zu steigern. Dies betrifft nicht nur die Produktion, sondern auch die Aufgaben im Büro und in den Management- und Unterstützungsprozessen. Dabei sollten die drei Ziele Kosten, Zeit und Qualität verfolgt und die Kundenzufriedenheit im Blick behalten werden. Bewährte Methoden helfen dabei, dies umzusetzen.
Meike Kranz ist seit 2006 als Expertin für Büroorganisation tätig und hat seitdem in firmeninternen Seminaren und Online-Kursen mit großem Erfolg bereits über 1000 Teilnehmern gezeigt, wie sie effizienter und effektiver arbeiten können. In praxisnahen und sofort umsetzbaren Tipps zeigt sie, wie man sich in Papier- und Dateiablage, E-Mail-Bearbeitung und täglichen Arbeits-Prozessen perfekt organisiert und dadurch bis zu 50% Zeit einsparen kann.
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