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Mir reicht’s! Das ist mein Aufgabenbereich!

In diesem Gastartikel von Susanne Lorenz geht es um Kollegen, die sich in den eigenen Aufgabenbereich einmischen und wie Sie diesen Konflikt gut lösen.


Ist Ihnen das auch schon einmal passiert? Sie haben einen klaren Aufgabenbereich und dennoch passiert es immer wieder, dass jemand sich einmischt und Ihre Aufgaben machen will, ohne dass das abgesprochen war?

Was Sie machen können, wenn sich jemand in Ihren Aufgabenbereich drängt

In meinen Seminaren höre ich es immer wieder: Sie wurden extra eingestellt/befördert, um jemanden zu entlasten und trotzdem mischt sich der Vorgänger immer wieder ein. Wie kann das sein? Kann er sich nicht auf seine eigenen Themen konzentrieren? Kann er nicht loslassen?

Unterstellungen und Co

Herr X lässt Sie Ihre Arbeit nicht machen und grätscht da aus Ihrer Sicht immer wieder rein. Fragen Sie sich: „Macht er das extra, nur um mich zu ärgern? Vertraut er mir nicht genug und macht es deswegen selbst?“

Glauben Sie, er denkt, er kann es besser oder er respektiert Sie als Verantwortliche nicht und traut Ihnen nichts zu? Ist das so? Ja, das kann sogar stimmen. Das sind jedoch lauter Unterstellungen und Vorwürfe. Wissen tun Sie das erst, wenn Sie das Gespräch suchen.

Von den Vorwürfen zur Sachebene

Diese Vorwürfe und Unterstellungen lassen Sie ärgerlich werden. Sie fragen sich dann, was das eigentlich soll und warum man Ihnen das nicht zutraut!

Doch wenn Sie sich auf die Sachebene fokussieren, holt Sie das runter von Ihrem Ärger und Sie können auch das Gespräch ganz anders führen. Schauen Sie sich doch im Vorfeld mal die Fakten an, so gut es eben geht.

Fragen Sie sich also:

  • Was sind denn die Fakten?
  • Wie oft ist es passiert, dass die andere Person eine Sache machte, die eigentlich Ihre Aufgabe ist?
  • Bei welchen Aufgaben ist das so?

Machen Sie sich dazu im Vorfeld Notizen und versuchen Sie diese so neutral wie möglich zu halten.

Ein Beispiel

Herr X hat bei den letzten drei Malen die Angebote an die Firma XYZ verschickt. Zusätzlich hat er die Bestellung von Y vorgenommen. Beides gehört in meinen Aufgabenbereich.

Beziehungsebene im Gespräch

Schauen Sie sich aber auch die Beziehungsebene an. Starten Sie zuerst damit, sich Ihre eigenen Gefühle und Bedürfnisse anzuschauen, die durch die Situation ausgelöst wurden.

Ihre Gefühle

Also wie geht es Ihnen in dem Moment, wenn Sie mitbekommen, dass er Ihre Aufgaben macht oder auch etwas klärt, ohne Sie zu informieren?

Fühlen Sie sich hilflos, wütend oder sogar schon verzweifelt?

Überlegen Sie sich, ob Sie das auch im Gespräch ansprechen wollen.

Ihre Bedürfnisse

Überlegen Sie sich auch, warum Sie so fühlen.

  • Was fehlt Ihnen in der Situation?
  • Was brauchen Sie, damit es Ihnen besser geht?
  • Ist es Vertrauen, Offenheit oder auch Autonomie?

Machen Sie sich bewusst, dass die Handlung des anderen in Ihnen nur die Gefühle auslöst. Ursache für die unangenehmen Gefühle sind diese Bedürfnisse, die nicht erfüllt sind. Auch hier können Sie schauen, was Sie davon mit dem anderen teilen möchten.

Handlung durch Bitte

Und nun geht es um die Handlungsebene.

  • Was wollen Sie konkret vom anderen?
  • Welches Verhalten soll sich ändern?

Achten Sie zusätzlich darauf, wie Ihre Haltung zum anderen ist. Ist es wirklich eine Bitte oder doch eher eine Forderung? Denken Sie noch, der andere MUSS das machen oder SOLL das machen, dann spürt auch der andere diesen Druck. In diesem Fall hat er nicht unbedingt Lust darauf.

Sprechen Sie aber zuerst von den Fakten, ergänzen die Beziehungsebene durch Gefühle und Bedürfnisse und formulieren am Ende eine Bitte, wirkt das gleich viel konstruktiver und wertschätzender.

Die Sicht des anderen

Versetzen Sie sich mal in den anderen und seine Erlebniswelt.

Wie muss es sich anfühlen, wenn er vor Ihnen diese Aufgaben schon mehrere Jahre gemacht hat?

Wie ist es für ihn, wenn er vorher der Experte in dem Bereich war und nun auf einmal nicht mehr?

Vielleicht muss der andere nun wieder von vorn anfangen und sich zusätzlich in Bereiche einarbeiten, die nicht seine Expertise sind?

Was macht das mit dem Ego und dem Selbstwertgefühl?

Lässt Ihr Gegenüber Sie deswegen teilweise nicht alle Aufgaben machen, obwohl es Ihre Aufgaben sind?

Vielleicht können Sie sich auch mit anderen Kollegen austauschen und mal fragen, ob es ihnen ähnlich geht. Macht er das nur bei Ihnen oder auch bei anderen?

Ist es jemand, der öfter Probleme damit hat, abzugeben und Aufgaben zu delegieren? So hat das nämlich gar nichts mit Ihnen und Ihrer Kompetenz zu tun!!!

Ein klärendes Gespräch suchen

Vorher ist es gut und wichtig, wenn Sie auch Ihre Ziele für das Gespräch vorbereiten.

  • Was wollen Sie konkret erreichen?
  • Was ist Ihr Minimalziel?
  • Was ist Ihr Maximalziel?

Machen Sie sich klar, dass Sie nur offen und konstruktiv mit dem anderen sprechen können, wenn das Zusammentreffen nicht gleich mit Anklagen startet. Beginnen Sie also das Ganze mit den Fakten, die Sie sich im Vorfeld notiert haben.

Schauen Sie auch, ob es eine Stellenbeschreibung gibt, auf die Sie sich beziehen können.

Wie vage ist dort die Tätigkeit beschrieben?

Liegt es vielleicht daran?

Sollte das der Fall sein, können Sie auch das Treffen nutzen, um über eine Überarbeitung der Stellenbeschreibung zu sprechen.

Zusammengefasst

Sie sehen, oft sind in unserem Kopf viele Vermutungen und Unterstellungen. Klar ist es nervig, wenn sich jemand in Ihren Aufgabenbereich einmischt. Doch warum der andere das wirklich macht, erfahren Sie erst, wenn Sie ihn darauf ansprechen.

Bereiten Sie das Aufeinanderzugehen konstruktiv vor, haben Sie gute Chancen herauszufinden, warum sich der andere so verhält, wie er es tut. Ich wünsche Ihnen dabei viel Erfolg!


Über die Autorin

Susanne Lorenz von wirksam kommunizieren ist Kommunikationstrainerin, Buchautorin und Business Coach.

Sie hat sich auf Führungskräfte spezialisiert, nachdem sie im Anschluss an ihr Germanistikstudium mehrere Jahre als Managerin Erfahrungen gesammelt hat.

Gewaltfreie Kommunikation ist ihre Leidenschaft. Ihre Vision ist, dass Menschen am Arbeitsplatz mehr miteinander statt übereinander reden und konstruktiv ansprechen, was sie stört. Mit ihren Coachings und Trainings erhöht sie die Transparenz und Wertschätzung in Unternehmen.

Ihr Blog https://wirksam-kommunizieren.de/blog/ dreht sich um erfolgreiche Kommunikation im Berufsalltag.


Fallbeispiel: Auf die Kernkompetenz konzentrieren

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Die Ausgangslage

Vor einiger Zeit war ich bei einem Autohaus. – Nein, nicht weil ich ein neues Auto kaufen wollte. Ich wurde vom Inhaber gebeten, ein Coaching mit einem der Verkäufer durchzuführen.

Dieser Verkäufer war super. Der Chef hat richtig von ihm geschwärmt. Dieser Verkäufer war immer freundlich zu den Kunden, hat sehr gut beraten, viele Autos verkauft und sein spezieller Bereich war der Gebrauchtwagenhandel. Wie viele Autohäuser, werden auch hier die alten Autos der Kunden in Zahlung genommen, wenn ein neues Modell gekauft wird. Wohin nun aber mit den ganzen gebrauchten Wagen? Der Markt ist nicht ganz leicht. Der Mitarbeiter hat aber sehr gute Strategien entwickelt, diese Gebrauchtwagen schnell und zu einem guten Preis zu verkaufen.

Aber es gab einen Haken: Der Verkäufer war einfach schlecht organisiert.

Wenn ein Kunde sein neues Auto abholen wollte, dann konnte er häufig die Autopapiere und Schlüssel nicht finden, oder hatte vergessen, sich um die Anmeldung zu kümmern.

Wenn ein Kunde ein Leihauto erhalten hatte, weil sein eigener Wagen gerade in der Werkstatt repariert wird, hat er die Unterlagen dazu nicht mehr gefunden.

Und auf seinem Schreibtisch tobte das Chaos, da sich bei ihm auch viele Telefonnotizen angesammelt hatten.

Die Kollegen waren von ihm genervt, der Chef unzufrieden und die Kunden auch nicht immer ganz glücklich.

Der Verkäufer selbst war auch unzufrieden, denn er hatte schon oft versucht, sich zu bessern, aber der Erfolg hielt nicht lange an. Stattdessen machte er häufig Überstunden am Abend und war freiwillig am Samstag im Autohaus, damit er den Papierkram schafft.

Das Arbeitsplatzcoaching

Wir haben uns insgesamt drei Mal getroffen und die Unterlagen auf seinem Schreibtisch sortiert. Wir haben Ablagekästen beschriftet, Hängemappen angelegt, auch das Sideboard aufgeräumt, viel weggeschmissen. Außerdem haben wir seinen Tag geplant und ihm mehr Struktur gegeben.

Das hat auch alles ganz gut funktioniert, aber er ist teilweise wieder in sein Chaos zurückgefallen. Außerdem macht ihm der „Verwaltungskram“ einfach keinen Spaß und deswegen schiebt er die Aufgaben gerne vor sich her. – Er verkauft lieber Autos.

Wir haben also einen Teilerfolg erzielt, aber so richtig zufrieden war niemand. Dann hatte ich eine Idee.

Die Lösung

Ich habe dem Chef vorgeschlagen, dass sich der Mitarbeiter auf seine Kernkompetenzen konzentrieren sollte.

Nicht jeder muss alles gut können. Er war einfach ein guter Verkäufer, aber eine schlechte Bürokraft. Also habe ich empfohlen, eine „Bürofee“ für ihn einzustellen, die sämtliche Verwaltungstätigkeiten für ihn übernimmt. Sodass er sich wieder voll auf das Verkaufen von Autos konzentrieren kann, dadurch mehr Umsatz erreicht und zufriedener ist. Gleichzeitig sind auch die Kollegen und Kunden zufriedener, weil alles besser läuft. Die Kosten für die zusätzliche Kraft würde der Mitarbeiter schnell selbst erwirtschaften.

Als ich dem Verkäufer das vorgeschlagen habe, war es, als würde eine große Last von ihm fallen. Die Vorgabe, mehr Gewinn erzielen zu müssen, damit die Mitarbeiterin bezahlt werden kann belastete ihn nicht – im Gegenteil: Es spornte ihn an. Die Aussicht darauf, wieder sich voll und ganz auf seine Kernkompetenz konzentrieren zu können ließ ihn strahlen.

Fazit

In einem Team sollte jeder das tun, was er am Besten kann. Jeder hat seine Stärken und Schwächen. Führungskräfte sollten dies erkennen und den Nutzen daraus ziehen. Jeder bekommt die Aufgaben, die er am Besten und mit hoher eigener Motivation kann.


Läuft es in Ihrem Team auch nicht so ganz rund? Sehen Sie Verbesserungspotenzial? Dann vereinbaren Sie einfach ein kostenloses und unverbindliches Strategiegespräch mit mir. Wir schauen dann gemeinsam, wie ich Sie am Besten unterstützen kann.